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Brauereiportrait - Klosterbrauerei Andechs

Brauereiportrait - Klosterbrauerei Andechs

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Dirk Omlor
Dirk Omlor vom 22.02.2021

Dirk Omlor war rund zwei Jahrzehnte Redakteur bei renommierten Getränke-Fachverlagen. Im Juli 2018 gründete der Dipl.-Ing. für Brauwesen zusammen mit seiner langjährigen Kollegin, Barbara Rademacher, ein Text- und Beratungsbüro mit dem zentralen Projekt getraenke-news.de.

Genuss für Leib und Seele

Im bayerischen Andechs steht eine der letzten echten Klosterbrauereien in Deutschland. Die Benediktiner der Abtei St. Bonifaz in München und Andechs stehen für eine besondere klösterliche Brautradition. 

Wer in der Nähe des Ammersees unterwegs ist, sollte unbedingt einen Abstecher zum Kloster Andechs machen. Inmitten des Fünf-Seen-Landes gelegen, ist Andechs seit 1128 Ziel für Pilger. Im Jahr 1455 wurde dort auf dem Heiligen Berg das Kloster gegründet. Seitdem betreuen die Benediktiner dort Wallfahrer und nehmen sie gastlich auf. Auf diese Gastfreundschaft geht auch die Brautradition zurück. Die Gäste des Klosters kamen nämlich von Anfang an auch in den Genuss des Klosterbieres, das wegen seiner herausragenden Qualität schon damals weithin bekannt und begehrt war. Die lange Tradition der Pilgerstätte ist auch heute noch im Andechser Bräustüberl lebendig. Wer hier einkehrt kann - mit Ausnahme von zwei Weinen - ausschließlich Produkte der Klosterbetriebe genießen und dazu auch die eigene Brotzeit mitbringen. 
 

Eine echte Klosterbrauerei

Am Fuße des Heiligen Berges liegt die Klosterbrauerei Andechs, die nach wie vor von der Ordensgemeinschaft der Benediktiner geführt wird. Sie ist damit eine der wenigen authentischen Klosterbrauereien Deutschlands. Am Sudkessel steht zwar schon seit 1968 kein Mönch mehr, die Männer im schwarzen Habit haben aber auch heute das Sagen und fällen alle wichtigen strategischen Entscheidungen vom Sortiment bis zu Brauverfahren selbst. 30 Millionen Euro haben sie so seit 2005 in ihre Brauerei investiert. Die Andechser Mönche stehen für ein besonderes klösterliches Brauhandwerk, das den Bieren genügend Zeit lässt, damit sie in Ruhe zu einem „Genuss für Leib und Seele“ reifen können. Bis heute sind die Mönche ihrem Gelübde nach verpflichtet, die Regel des Heiligen Benedikt von Nursia „ora et labora“ (bete und arbeite) zu befolgen. Deshalb streben sie mit ihren Betrieben (Brauerei,  Bräustüberl, Klostergasthof, Metzgerei und Veranstaltungsbüro) langfristiges organisches Wachstum an und achten auf die Bewahrung der klösterlichen Identität. 

Hohe Qualität durch moderne Brautechnik


Die Klosterbrauerei Andechs verbindet benediktinische Brautradition mit modernster Brautechnik. Die althergebrachten Brauverfahren benötigen gegenüber den herkömmlichen viel mehr Zeit. Dabei kommen, nach der Qualitätsphilosophie der Brauerei, nur hochwertige Rohstoffe in Frage, wie zum Beispiel echte Röstmalze für die dunklen Biere und nur ausgesuchter Hallertauer Aromahopfen. Denn der Leitspruch der klösterlichen Unternehmen lautet: „Unsere Tradition ist es, fortschrittlich zu sein, und unseren Fortschritt verdanken wir einer großen Tradition“. So wurde die Brauerei aufgrund zunehmender Raumnot ab 1972 vollständig neu gebaut und seitdem stetig in moderne Brautechnik investiert.

Auf zwei Brauverfahren legen die Mönche besonders großen Wert, denn sie stehen exemplarisch für die Andechser Tradition: Das aufwändige Mehrfachmaisch-Verfahren sorgt mit für den ausgeprägten malzaromatischen Charakter der Andechser Klosterbiere. Und beim traditionsreichen Zweitankverfahren bleibt das sogenannte Jungbier nach Abschluss der Gärung nicht im Gärtank, sondern wird zur Lagerung in einen anderen Tank umgepumpt. So wird eine Bildung von Schichten mit mehr oder weniger Hefeanteilen vermieden. Das komplett durchgemischte Jungbier kann sich im Laufe der Zeit dadurch noch besser klären. Unerwünschte Gärungsnebenprodukte werden so optimal abgebaut. Aufgrund der steigenden Nachfrage wurde 2005/06 der Gär- und Lagerkeller erweitert, damit das Bier dort auch weiterhin bis zu sechs Wochen reifen kann. Ende 2019 haben die Mönche ein neues Gebäude mit modernster Füllerei und Lagertechnik eröffnet, mit 12 Millionen Euro die größte Investition seit dem Neubau der Brauerei 1972-84. 
 

Mönche waren die ersten Brau-Profis


Die Benediktiner haben die Brautradition über die Jahrhunderte gepflegt und ihre Rezepturen ständig verfeinert. Die brauenden Mönche waren im Mittelalter nämlich die ersten „Profis“ ihrer Zunft. Während anderswo nur alle paar Wochen Bier gebraut wurde, standen sie beinahe täglich am Sudkessel und sorgten für Nachschub für Pilger und Wallfahrer. Und da sie im Gegensatz zu den meisten anderen der damaligen Zeit lesen und schreiben konnten, hielten sie ihre Erfahrungen fest, notierten ihre Rezepturen und gaben sie weiter. Aus Erfahrung wuchs Wissen und so legten Mönche die Grundlagen für die moderne Braukunst. 
Weltweit bekannt ist unter den Andechs-Bieren heute vor allem – gemäß der klösterlichen Fastentradition - der „Andechser Doppelbock Dunkel“, der das Image des Andechser Klosterbieres entscheidend prägt. Die „Andechser Weißbiere“ haben seit ihrer Einführung 1993 bzw. 1997 viele Freunde gewonnen und gehören neben dem Andechser Hell zu den beliebtesten Andechser Bieren. 2016 folgten das alkoholfreie Weißbier und 2020 der Weizenbock und das naturtrübe Radler. Insgesamt zehn Klosterbier-Spezialitäten werden heute in Andechs gebraut und bieten Genuss für Leib und Seele.
 
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