Ein Kulturerbe der Oberpfalz

Der Zoigl

Die Insider wissen es bereits Jahrzehntelang: Der Zoigl gilt als DAS traditionelle Bier in der nördlichen Oberpfalz, gebraut mit einer faszinierenden und zugleich bescheidenen Handwerkskunst, und getrunken in den privaten Häusern der ortsansässigen Wirtsleute, der Zoiglwirte. Seit 2018 ist der Zoigl auch bundesweites immaterielles Kulturerbe! Die noch vorhandene traditionelle Holzfeuerung in den Kommunbrauhäusern, verlangt von den Brauern dabei eine Sensibilität, ein Gespür und Können, das seinesgleichen sucht.

Seit Jahrhunderten haben die Neuhauser Erfahrung im Kommunbrauwesen, genauer seit dem Jahr 1415! Dem Jahr, in dem im angrenzenden Böhmen ein 18-jähriger Krieg ausgelöst wurde, verursacht durch die Hinrichtung von Jan Hus in Konstanz.
Unter den noch heute vorhandenen Kommunbrauern, sind die Neuhauser die ältesten ihrer Zunft. Die Gründung der weiteren Kommunbrauhäuser im Umland reicht bis zum Jahr 1522 zurück.

Gebraut wird der Zoigl noch in den Kommunbrauhäusern in Windischeschenbach, Eslarn, Falkenberg und Mitterteich. Anfang des 20. Jahrhunderts waren dies noch um die 80 solcher Kommunbrauhäuser in der Oberpfalz und angrenzenden Randgebieten.
Das ursprünglich von den damaligen Landesherren verliehene Brau- und Schankrecht, wurde den Bürgern auf Haus und Grund zugeteilt.
Aus den Nachkommen und Erben, auch mancher Käufer hatte das Glück, gehen heute die aktiven Wirte, die „Echten Kommunbrauer“ hervor.
Ein Markenzeichen für die Ursprünglichkeit, Tradition und Qualität!
Wenn man Glück hat, dann kann man vielleicht dem einen oder anderen Brauer (Wirt) vor Ort auch über die Schulter schauen, wenn diese mit Herz und Seele bei der Arbeit sind.
Diese Braukunst, und in diesem Falle ist der Begriff „Kunst“ wirklich angebracht, ist nicht mehr häufig anzufinden. Denn der Brauvorgang mit vorhandener Holzfeuerung, verbunden mit der vorhandenen (analogen) Technik und Ausstattung, ist mehr als eine Herausforderung und zugleich Faszination beim Zusehen. Originalität und Erlebnis pur!
Die Kommunbrauereien gelten deshalb als Inbegriff eines Brauwesens, das nur noch selten zu finden ist.

Die Wirte sind zugleich meist auch ihre eigenen Brauer, die ihren „Zoigl“ zuhause brauen. Der Zoigl ist nicht nur das Bier, sondern auch die Örtlichkeit, „wir genga zum Zoigl“.

Der Zoiglstern

Wenn es einen Zoigl gibt, dann ist das zu erkennen am Hexagramm, dem Zunftzeichen der Brauer und Mälzer, der beim Ausschank vor den Häusern als sichtbares Zeichen aufgehängt wird. Dabei zeigt der Stern, eigentlich der Brauerstern, zwei ineinandergesteckte gleichseitige Dreiecke. Die wohl am meisten verbreitete Hypothese über die beiden Dreiecke besagt, dass die drei Ecken des einen Dreiecks für die drei erforderlichen Elemente zum Brauen „Feuer, Wasser und Luft“ stehen und die drei Ecken des anderen Dreiecks für die im Mittelalter bekannten Zutaten Wasser, Malz und Hopfen stehen. Die Hefe war zu dieser Zeit noch nicht bekannt. Aus der Ankündigung, dem „(An-)Zeiger“ wurde in der Oberpfalz und angrenzenden Regionen ähnlichem Dialekts „es zoigt‘s a“  und letztendlich der „Zoigl“!
Die Wirte schenken Ihr Zoigl nur mehr oder weniger regelmäßig alle paar Wochen aus und dies meist immer nur von Freitag bis einschl. Montag. Dabei wurden in früheren Zeiten noch die persönlichen Räume entsprechend ausgeräumt bzw. umgestaltet. Man saß praktisch regelrecht zuhause bei den Zoiglwirten in den eigenen vier Wänden. Heutzutage haben sich die Gästeräume mehr oder weniger „verlagert“, z. B. in einen ehemaligen Kuhstall, den man bei Aufgabe der Viehwirtschaft entsprechend für die Gäste umgebaut hat.

Vor dem Zoigl sind alle gleich

Nicht nur der Zoigl als Getränk ist im weiten Umlande und auch in der Ferne schon lange kein Geheimtipp mehr, sondern auch das ursprüngliche, urige und lockere Zusammensein der bunt gemischten Gästeschar, das Erlebnis Zoigl schlechthin. Da sitzt der Richter mit dem Maurer ganz selbstverständlich am Tisch, so wie ganz traditionell und ohne Ausnahme auch das Du ausgesprochen wird. Gesiezt wird woanders, aber nicht am Zoigl. Auch das ist Tradition und fest verankert. Denn „Vor dem Zoigl sind alle gleich“.
Auch durch die Auftritte der „Altneihauser Feierwehrkapell‘n“, die lustige Truppe mit ihrem Kapellmeister Norbert Neugirg, die in jedem Jahr einen grandiosen Auftritt bei „Fastnacht in Franken“ garantieren, hat das Zoigl Bier weiter an Bekanntheit gewonnen. Es ist durchaus denkbar, dass einem der „Kommandant“ bei einem der Zoigltermine über den Weg läuft. Nicht ohne Grund, denn die Gruppe hat einen Übungsraum im Schafferhof, einem Zoiglanwesen, den Reinhard Fütterer liebevoll und bravourös restauriert hat.

Zoigl Bier in der Flasche?

Zoigl ist nicht nur ein helles bis bernsteinfarbenes, und ein vollmundiges Bier mit leicht hopfiger Note im Abgang, sondern ebenso ein Erlebnis und Emotion in den Zoiglstuben, die man nicht in Flaschen abfüllen kann.
Es gibt sie zwar, die Brauereien, die auf den boomenden „Zoiglzug“ vor Jahren aufgesprungen sind, und den Zoigl sicherlich auch mit guter Qualität in Flaschen abfüllen, aber ein traditioneller Zoiglfan wünscht sich lieber das Original vor Ort! Es ist deshalb für den jahrzehntelangen Stammgast eher ein Tabu, den Zoigl anders zu konsumieren, als dort wo er hergestellt und ausgeschenkt wird. Zoigl trinkt man ursprünglich, dort wo alle sich zusammenfinden und gleich sind, wo man sich gerne trifft.
Die bunte Gästeschar, das besondere Ambiente, und der besondere Zoigl, das alles kann man eben nur vor Ort und bei den „Echten Kommunbrauern“, so nennt sich eben die Schutz-Gemeinschaft der alteingesessenen Wirtsleute, erleben!
Da der Brauvorgang zwar immer der gleiche ist, aber die Vergärung zuhause in den Lagertanks in den Kellern der Wirte stattfindet, schmeckt auch jeder Zoigl anders. Aber es kommt auch vor, dass bei ein und demselben Wirt der Zoigl unterschiedlich schmeckt. Das macht den Zoigl so spannend, interessant und abwechslungsreich.
Ausgeschenkt wird dieser dann direkt aus den Lagertanks bzw. aus frisch von den Tanks abgefüllten Fässern, die unter der Theke auf ihre Gäste warten.
Und das unterstützt durch eine Brotzeitauswahl, die man bei manchen Wirten fast noch identisch und klassisch vorfindet, wie vor Jahrzehnten.
Urig, traditionell, einfach, ausreichend und gut!
Andere haben sich längst der Nachfrage, und dem einstweilen großen Ansturm auf die Zoiglwirtschaften angepasst, und bieten auch ein größeres Angebot an kalten und mitunter auch warmen Speisen an.
So wie auch vereinzelte Zoiglwirte sich den kulturellen Veranstaltungssektor zu eigen gemacht und sich darauf spezialisiert haben.
Durchaus eine willkommene Abwechslung und ebenso eine Bereicherung in der „Zoigl-Familie“ - zu Recht!

In erster Linie aber bleibt es ein Tipp oder auch ein Muss für alle Bierliebhaber eines untergärigen, unfiltrierten und unbehandelten Bieres, für alle die das kulturell Wertvolle, das Ursprüngliche und das Traditionelle suchen und für alle, die das besondere Geschmackserlebnis eines Bieres erleben wollen, das mit Herzblut und Holzfeuerung inmitten der wunderschönen nördlichen Oberpfalz gebraut wird.

Mehr dazu auf www.zoiglbier.de

Autor: Stefan Kastner, Weiden i.d.Oberpfalz

Quelle Bilder: Herr Reinhard Fütterer, Schafferhof Windischeschenbach und Schutzgemeinschaft “Echter Zoigl vom Kommunbrauer” e. V.

Wir bedanken uns bei Herrn Stefan Kastner, dass er seine Leidenschaft für uns in Worte gefasst hat, damit mehr Bierliebhaber erfahren, was der Zoigl ist und bei Herrn Reinhard Fütterer für die Bereitstellung des Bildmaterials.

 

 

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